Sonntag, 21. August 2016
Der Tag beginnt so, wie die letzten Tage auch: Sonnig und später als geplant. Da wir heute auf die Isle of Skye fahren und eine größere Strecke fahren müssen, klingelt der Wecker um 8.30 Uhr.
Wir durchlaufen das übliche Prozedere und machen uns auf den Weg Richtung Ullapool, mit dem Ziel an verschiedenen Punkten zu halten. Stop 1 übersehen wir einfach ganz stumpf und kaufen dafür lieber in Ullapool Essen für die nächsten Tage, da dort ein Tesco ist, der tatsächlich Sonntags geöffnet hat. Die Jungs kümmern sich um das Essen, ich mich um die wichtigen Dinge: Motoröl und Scotch 🙂
60 Pfund ärmer, dafür mit einem schnurrenden Motor und Kaffeevorrat gehts nun Richtung Süden. An dieser Stelle eine kleine Empfehlung für alle Kaffee Liebhaber: Vita Coco Café Latte – unglaublich lecker. An den Victoria Falls halten wir an. Da das für uns aber der gefühlt 10. Wasserfall ist und Tophi ohnehin nicht so fit ist, wird das ein kurzer und unspektakulärer Halt. Der nächste, wirklich erwähnenswerte Halt ist bereits auf der Isle of Skye, nachdem wir die Skye Bridge überqueren und Eric wahrscheinlich 100 Anspielungen auf James Bond macht und keiner versteht, wovon er da überhaupt redet bis er uns erklärt, dass Daniel Craig in einem Film (welcher es war, habe ich schon wieder vergessen) am Anfang über diese Brücke fährt – aha!
Als hätten wir den Kontinent gewechselt, schlägt das Wetter von sonnig zu bewölkt, windiger und nieselig um. Das hält uns aber nicht davon ab an einer Brücke und einem Wasserfall die Komposition auszuchecken und die Schafe zu bewundern, die eine Flucht bilden (100 Punkte)! Wir fahren weiter und unser Ziel ist der Blenbrittle Campsite. Vorbei an Bergen, Tälern, Flüssen und Wäldern. Es dämmert. Die Wolken ziehen auf und bedecken die Spitzen der Kuppen, die unfassbar nah wirken. Es ist kühler geworden und ich merke, wie wir der Küste so langsam näher kommen. Wir sind auf einer Single Track Road unterwegs und müssen gelegentlich den Entgegenkommenden Platz machen, was die Reise etwas entschleunigt und so sind wir gefühlte Ewigkeiten unterwegs, als wir um die Ecke biegen und eine unbeschreiblich schöne Aussicht vor uns haben – den Bruach na Frìthe. Weil es kühler wird und auch dunkel, fahren wir weiter und sind 5 Minuten später da – alle etwas froh, dass wir und das Auto diese abenteuerliche Fahrt über die immer enger werdenden Straßen so gut überlebt haben. Inzwischen sind es nämlich nicht nur noch normale Single Track Roads, sondern zwischen Mauern und Häusern gelegene Straßen, die so breit sind wie unser Auto.
Der Campingplatz liegt direkt am Meer in einem Glen – hier den Sonnenuntergang und den aufziehenden Nebel zu sehen ist wunderschön. Beim Grillen planen wir, nochmal vom Campingplatz runter zu fahren und uns die Fairy Pools – eine DER Skye-Touristenattraktionen – anzusehen. Gesagt, getan. Nach dem Grillen packen wir, obwohl wir alle unfassbar müde sind, unsere Sachen zusammen und fahren die abenteuerliche Route nun auch noch in vollkommender Dunkelheit zurück, die wir vor nicht einmal 2 Stunden gekommen sind. Hier spielt sich nun eine etwas peinliche, aber auch erinnerungswürdige Szene ab, von der ich mir nicht sicher war, ob ich sie überhaupt erzähle: Wir parken, steigen aus und laufen den einzigen Pfad hoch, der vom Parkplatz bergauf wegführt. Bereits hier beginnt unser Fail. Nach 15 Minuten 15%iger Steigung gucken wir uns alle an – sofern das bei vollkommener Dunkelheit möglich ist – und sind uns einig, dass wir falsch sind. Was uns auch stutzig macht ist das vollkommene Fehlen von Wasser, was bei Wasserfällen durchaus üblich ist. Nunja, dafür schieße ich auf dem Rückweg noch einige schöne Fotos vom klaren Nachthimmel und den ein oder anderen Lacher haben wir auch noch. Am Parkplatz tun wir das, was wir vielleicht vor der Tour etwas genauer hätten machen sollen – wir schauen auf die Infotafel und stellen fest, dass die Schotten die Karte einfach mal falsch herum – also mit Süden nach oben – abgebildet haben. Kein Wunder, dass wir in die falsche Richtug laufen. An dieser Stelle brechen wir die Tour ab und fahren zurück zum Campingplatz, da wir alle ganz schön müde sind.
Montag, 22. August 2016
Tatsächlich! Heute ist der erste Tag, der für uns mit Regen beginnt. Regen ist aber wohl etwas hochgegriffen für den Nieselregen, der uns von vorne ins Gesicht regnet. Trotzdem ziehe ich heute mal nicht meine Sneaker, sondern meine Wanderschuhe an, denn wir begeben uns heute nochmal auf die Suche nach den Fairy Pools. Zusammenpacken, duschen, bezahlen und schon geht es los. Das Frühstück fällt heute aus. Bei Helligkeit kann man die Fairy Pools schon von weitem sehen – hätten wir gestern Abend mal gewusst, dass wir einfach nur über die Straße ein paar Stufen hinunter gehen müssen. Tophi muss wegen einer Entzündung im Fuß leider schon auf der Hälfte des Weges umdrehen, wir laufen bis zu dem Punkt, an dem der Berg im Hintergrund perfekt auf das Foto passt. Schon auf dem Rückweg wird es wärmer, der Regen verzieht sich und die Sonne kommt raus – perfektes Timing!
Zurück am Auto schlagen wir erst einmal die Karte auf, die etwa 3/4 der Windschutzscheibe einnimmt. Da wir heute den südlichen Teil der Isle of Skye erkunden möchten, planen wir heute Abend am Neist Point – einem bekannten Leuchtturm – zu sein. Auf dem Weg liegen für uns also die Talisker Distillery und das Dunvegan Castle. An der Talisker Distillery können wir leider keine Führung mehr mitmachen, da wir zu lange an den Fairy Pools rumgehangen haben. Dafür stöbern wir etwas im Shop und ich gehe glücklich mit zwei Whiskys wieder raus – alles dabei, nur kein Talisker. Nächster Punkt ist Dunvegan Castle, doch auch da ist eine Führung nicht mehr möglich. Bei dem Blick auf die Eintrittspreise aber überhaupt nicht schlimm. Dort kommen Phils Drohnen-Zauberkräfte zum Einsatz und so schauen wir uns das Schloss schlichtweg von oben an. Wir stellen erleichtert fest, dass wir wohl nicht allzu viel verpasst haben, sitzen noch etwas in der Sonne und genießen die Zeit, bis es nun weiter geht an unser Ziel für die Nacht. Der Weg zum Neist Point führt von der Landstraße ab, auf eine kleinere zweispurige Nebenstraße, die schnell in eine einspurige Straße mündet. In der Zwischenzeit ist Phil zu mir nach vorne auf den „Beifahrersitz“ (aka. einer umgedrehten Eurokiste) gekommen und wir bangen zusammen um unser Leben, während Tophi am Steuer sitzt und seinen Spaß mit Bodenwellen und Kurven hat. Zwischendurch kommt im Auto die Frage auf, ob der Neist Point wirklich sehenswert ist, da wir gefühlt die einzigen sind, die in diese Richtung fahren – uns kommen allerdings unheimlich viele Autos entgegen. Daraus wird letztendlich ein riesen Spaß, weil die Leute dermaßen doof gucken, wenn sich gleich drei Menschen für das Ausweichen auf einen „Passing Place“ mit einem Handzeichen bedanken. Vor allem die Engländer finden das witzig, fangen an zu lachen und grüßen uns freundlich zurück. Nachdem Phil und ich uns bereits in einem kurzen Dialog von „Ich hab Dich lieb und es war eine tolle Reise mit Euch.“ bis zu „Jetzt bin ich bereit zu sterben!“ von unserem Leben verabschiedet haben, kommt die eigentliche Herausforderung der Reise – ich sage nur: Single Track Road. Schafe auf der Straße. Eine 90-Grad-Kurve. Und ein uneinsichtiger Gegenverkehr!
Nach dem Stress und dem Akt einen Parkplatz mit diesem Schlachtschiff zu finden, werden wir mit einer einmaligen Aussicht belohnt. Schon jetzt ist Neist Point einer meiner Lieblingsorte in ganz Schottland – riesige Vulkanfelsen, das offene blaue Meer, ein angenehmer Wind und dieser Sonnenuntergang sind einmalig. Eric und ich wandern mit einer Menge anderer Touristen den steilen Pfad ins „Halbinsel-Tal“. Phil und Tophi lassen es langsamer angehen und bleiben noch oben.
Nach einer Weile tritt das ein, was schon typisch ist: Eric ist irgendwann unauffindbar und so gehe ich meinen eigenen Weg, direkt einen Hang hinauf, um auf den höchsten Punkt der Halbinsel zu kommen. Gar nicht so leicht mit dem Gepäck und vereinzelten Schafen, die mich entweder verdutzt angucken und Blöken oder die Flucht ergreifen. Die Schafsfüße kommen definitiv besser voran, als ich mit meinen Sneakern, aber nach ein bisschen Anstrengung komme auch ich oben an und bin einfach glücklich! Der Sonnenuntergang brennt am Horizont und ich kann es gar nicht fassen, dass die meisten Touristen bereits auf dem Rückweg sind und ich hier oben alleine sitze. Von hier kann man den Leuchtturm, das offene Meer und die Felsen vom Festland sehen – einfach alles! Wieder einmal wird mir klar, warum ich Geologie gewählt habe und ich studiere die Gesteinsformationen der Felswände, solange ich auf das entgültige Sonnenutergangsspektakel (waas ein Wort?) warte. Inzwischen hat sich auch Eric hier hoch gequält und so stehen wir zwei winzigen Menschen auf diesem gigantischen Berg und staunen über die Schönheit der Natur.
Als die Sonne fast weg ist, beschließen wir aus Vorsicht den Rückweg anzutreten – der Weg ist im Dunkeln sicher nicht angenehm. Der Abend hätte so enden können und wir hätten zum Auto zurück gehen können, aber WIR wären nicht WIR, wenn wir nicht noch einige gute Einfälle hätten. Mit Eric’s beiläufigem Satz „Hier isses ja ganz schön dunkel, hier sieht man bestimmt viele Sterne“ entstehen weitere zwei Stunden Fotomarathon – diesmal in fast vollständiger Dunkelheit und leider auch Kälte. Wir nutzen den leichten Mondschein und zwei eher wenig motivierte Taschenlampen, um uns am Ufer von Stein zu Stein zu hangeln und nicht von der Brandung erfasst zu werden. Wieder einmal sind wir irgendwann getrennt, wir versichern uns aber alle paar Minuten via Pfeifen und den Lichtern der Kamerabildschirme, dass es dem anderen gut geht. Komplett nass, durchgefroren, aber überglücklich laufen wir zum Hauptpfad zurück und quälen uns den Hang hoch, der uns nun viel steiler vorkommt, als vor ein paar Stunden noch.
Im Crafter zurück quatschen wir noch eine Weile und fallen dann wieder einmal totmüde ins „Bett“.
Dienstag, 23. August 2016
Das erste was mir auffällt, als ich aufwache sind die ungewöhnlich beschlagenen Scheiben – diesmal aber von außen. Heute beiße ich mal die Zähne zusammen und schlüpfe im Rekordtempo aus dem Schlafsack, in meine Klamotten und Schuhe. Wir sind heute alle motivierter als sonst und in Windeseile fertig. Die Motivation endet leider abrupt, als Tophi den Schlüssel herumdreht und ein ernüchterndes NICHTS passiert – nicht einmal der Anlasser dreht. Wie die Bienen schwirren wir vier um den Crafter, um die Notfallkiste, die eigentlich im Crafter sein sollte, zu finden. Nach 10 Minuten und zwei Telefonaten nach „Good Old Germany“ wissen wir, dass die letzten 10 Minuten umsonst waren – keine Notfallkiste an Board!
Glücklicherweise kann ich mit einem beherzten Sprung vor einen heranfahrenden VW T5 mit deutschem Kennzeichen zwei nette Lebensretter mit einem Überbrückungskabel auftreiben, sodass wir innerhalb kürzester Zeit unsere Motivation wieder haben und starten können.
Heute steht der letzte Tag auf der Isle of Skye an: Entlang der Nord-Ost-Küste bis runter zum Old Man of Storr. An einigen Wasserfällen halten wir an, an manchen fahren wir aber auch einfach vorbei. Auf der Hälfte der Strecke sehen die Felsen so interessant aus, dass ich Tophi „befehle“ rechts ins Landinnere abzubiegen und erstmal der Straße Richtung Hochplateau zu folgen. Eine serpentinenartige Straße führt uns schließlich auf das Hochplateau, auf dem von jetzt auf gleich unfassbar viel los ist. An der schmalen Straße parken überall Autos, obwohl die Seitenstreifen matschig und sehr nachgiebig sind, daher müssen auch wir eine ganze Strecke fahren, um eine Riesenlücke zum Parken zu finden. Auf dem Rückweg stoßen wir auf eine lustige Kulisse: Ein schweizer Camper mit der Vorderachse im 45° Winkel im Matsch, abseits der Straße steckend. Drumherum etwa 25 aufgeregte Personen, alle reden in Englisch, Deutsch, Spanisch und diversen anderen Sprachen auf das schweizer Pärchen ein. Tophi beschreibt die Situation mit einem für ihn typischen Satz „Das‘ ja nich‘ so geil!“. Wir beschließen uns nicht in die Durcheinanderredenden einzureihen und schauen uns die Versuche, den Fiat aus dem Schlamm zu bekommen erstmal an. Einer von uns erinnert sich weiter vorne einen Imbiss gesehen zu haben, zu dem sich Tophi und ich uns auf dem Weg machen, um nach einem – für unser Empfinden einziges Rettungsmittel – Seil zu fragen. Zumindest teilweise erfolgreich in unserem Vorhaben kehren wir zu dem Spektakel zurück und werden erst einmal gemustert, als wir dem Pärchen ein halb zerfelddertes 10m langes Seil in die Hand drücken – schließlich bleibt ihnen aber nichts anderes übrig, als es wenigstens zu versuchen. Schnell ist ein französischer Kleintransporter gefunden, der den Camper rausziehen soll und was soll ich sagen? Es klappt.
Mit etwas weniger Action geht unser Tag weiter – wir wandern dort noch etwas herum, beschließen aber wegen des nicht ganz so tollen Wetters weiter zu fahren. Am Old Man of Storr angekommen. Gleiches Prozedere wie immer: Sachen auf den Rücken spannen und los gehts – außer für Tophi, der ja immer noch mit dem schweren Fußleiden zu kämpfen hat 😉 Kaum aus dem Auto raus, verstehen wir die übrigen Touristen, die mit zusammengekniffenen Augen und händewedelnd durch die Gegend laufen – ALLES VOLLER MIDGIES! Ich muss sagen, nach ein paar Metern merkt man die Midgies in der Nase und den Ohren schon gar nicht mehr und mit etwas Glück kann man sogar seine Augen vollständig öffnen und die – je höher wir kommen – schöne Landschaft genießen. Mir geht irgendwann die Puste aus und ich lasse die beiden Sportskanonen, Phil und Eric ohne mich weiter laufen. Ich laufe bis zu einem Plateau und beschließe noch beim Schießen der ersten Fotos wieder umzudrehen – die Midgies verursachen inzwischen nämlich hübsche Flecken auf der Linse. Ich fange erst gar nicht an aufzuzählen, wo sie noch überall waren.
Im Crafter quatsche ich mit Tophi, als auf einmal ein weißer Transporter mit Potsdamer Kennzeichen auf uns zukommt uns mit einem „Eeeey, Bärliner!“ begrüßt. Wir erzählen, wo wir überall waren und tauschen ein paar Reisetipps aus – liebe Grüße an dieser Stelle an Euch!
Als Eric und Phil zurück sind, fahren wir zu unserem Campingplatz für die Nacht und auf dem Weg erzählen die beiden von ihrem unglaublichen Erlebnis oben auf dem Old Man of Storr.