Ich schaue aus dem Fenster, wie die Wolken vorbeiziehen und es draußen immer dunkler wird. Wir sind bereits im Landeanflug auf Keflavik und meine Aufregung und Freude steigern sich exponentiell ins Unermessliche. Ein Wunder, dass ich noch keine Tränen in den Augen habe…
Unser erster richtiger Tag auf der Insel beginnt in Heidmörk, wo wir gestern nach dem Abholen des Leihwagens bei Lagoon Car Rental und dem Einkaufen in Reykjavik hingefahren sind, um dort die Nacht zu verbringen und noch ein wenig zu laufen. Nach einem kleinen Abstecher in die Rhyolithfelder waren mussten wir noch schnell unser Bett machen und dann konnten wir endlich schlafen. Die erste Nacht war zumindest für mich relativ bequem. Im Kia Sportage ist genug Platz, um bei zurückgeklappter Rücksitzbank zu zweit nebeneinander zu schlafen, wenn die Koffer auf den Vordersitzen liegen. Bequemer wäre es noch, wenn die Luftmatratzen am nächsten Morgen auch noch ihre Luft hätten – naja, wenigstens schlafen wir gemütlich ein.
Freitags regnet es und das Thermometer zeigt 10 Grad – nicht gerade das ideale Wetter, aber besser als das angekündigte. Wir fahren zuerst nach Krisuvik – einem Geothermalgebiet südlich von Reykjavik.Schon auf dem Weg machen wir den ersten Stopp und halten an einem See, der komplett von schwarzem Gestein umgeben ist – etwas gruselig bei dem Regenwetter. Am Geothermalgebiet nieselt es immer noch leicht, daher fällt die „Wanderung“ relativ kurz aus – ich hab das Gefühl, dass mir alles abfriert. Typisch, in Deutschland habe ich mich noch über das heiße Wetter beschwert und mich auf den Schnee in Island gefreut.
Da es inzwischen fast Mittag ist und die geplanten Punkte im Regen kaum Sinn machen, fahren wir weiter nach Selfoss, wo ich einen Laden finde, in dem ich mir eine isländische SIM kaufen kann – jetzt kann ich auch endlich auf meine Google Maps zugreifen, yay! Bei der Gelegenheit tanken wir an einem Imbiss Kaffee auf, da wir heute Morgen feststellen mussten, dass mein Spannungswandler mit dem Reisewasserkocher ein klein wenig überfordert ist. Nach Selfoss halten wir noch kurz am Urridafoss und haben hier die Chance unsere wasserfesten Hosen einzuweihen – super Erfindung!
Bevor wir abends auf dem Campingplatz am Seljalandsfoss einchecken, peilen wir noch einen Spot an, den mir der Instagramer Asgeir gezeigt hat – das ist auch gleichzeitig mein Highlight des Tages. Der Nauthusagil ist ein versteckter Wasserfall direkt an der Nordkante des Eyjafjallakökull und nur über die F249 erreichbar. Normalerweise ist diese F-Route selbst für 4×4 Fahrzeuge gesperrt bzw. nicht mitversichert, bei unserer Mietwagenfirma aber zum Glück nicht. Die Straße ist zwar holprig und die Höchstgeschwindigkeit von 80 nicht gerade empfehlenswert, aber alles machbar. Von der Straße ist nichts zu sehen, außer ein Schild mit dem Namen Nauthusagil und einem Pfeil Richtung Berg. Unser Auto müssen wir an der Straße abstellen und wir laufen flussaufwärts, bis wir an einen kleinen Canyon kommen, der von Bäumen verdeckt ist. Es nieselt immer noch, inzwischen sind wir aber so neugierig, dass das kaum noch auffällt. Ich gehe vor und springe von Stein zu Stein über den Fluß, hangel mich an der Felskante immer weiter vor, bis wir an eine Holzbrücke kommen, die ihre besten Tage schon lange hinter sich hat. Uns kommen drei Touristen entgegen, die uns ausdrücklich empfehlen bis zum Ende zu laufen. Mit 12 Kilo auf dem Rücken ist es gar nicht so einfach die Balance zu halten, nach 20 Minuten ist es aber geschafft und wir stehen mitten im Canyon auf einem Kiesbett und schauen nach oben.
Über uns sind hohe Wände aus Stein in allen Formen. Alles ist mit Bäumen und Büschen bewachsen und glitzert. An manchen Stellen scheint das Licht durch. Vor uns ist ein kleiner Wasserfall, der uns den Weg versperrt. Wir sehen aber relativ schnell, dass das nicht das Ende des Canyons ist. Auf der anderen Seite des Flußes ist eine Kette an der Felswand befestigt, die dazu einlädt sich daran weiter zu hangeln, weiter kann man leider nicht schauen. Wir beschließen aber nicht weiter zu gehen, da wir diese Tour mit den Rucksäcken wohl nicht ganz trocken überstehen würden, außerdem dämmert es schon fast. Wir sitzen dort noch eine Weile, ich mache noch ein paar Fotos und dann treten wir den Rückweg an. Inzwischen ist es dämmrig und die Touristen am Seljalandsfoss fast weg – also genau unsere Zeit, um Fotos zu machen und einmal drunter durch zu laufen. Die Stimmung ist so herrlich, denn inzwischen ist es dunkel und der Wasserfall wird angestrahlt, sodass wir einen großen Schatten neben den Wasserfall werfen, als ich ihn fotografiere. Am Campingplatz treffen wir auf einen Haufen Deutsche, darunter drei Mädels aus Hessen, die wir in den nächsten Tagen noch öfter treffen werden und ein Pärchen aus Offenburg, mit denen wir uns so gut verstehen, dass wir bis 1 Uhr in der Campingküche sitzen, Tee trinken und quatschen. Platt von den ganzen Eindrücken und den 2 Litern Kaffee und Tee fallen wir ins „Bett“.